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Fake News im Mittelalter

Autorenbild: Pia CasanovaPia Casanova

Studienreise nach Speyer

Datum: 24. und 25 März 2023

Besuch des Kaiserdoms und der Habsburger-Ausstellung in Speyer

Weiterführung unserer Reihe zu den Habsburgern


Im Oktober 1273 wurde Rudolf I. als erster Habsburger zum König des Heiligen Römischen Reiches gewählt. Als er im September 1291 starb und im Kaiserdom zu Speyer beigesetzt wurde, hatte er den Grundstein für den Aufstieg der Habsburger zur Kaiserdynastie gelegt. Das Historische Museum der Pfalz in Speyer zeigt aus Anlass der Wahl von Rudolf zum König vor 750 Jahren in einer Ausstellung die Geschichte der Habsburger ab Ende des 13. bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts.

Am Wochenende vom 24. und 25. März waren wir in Speyer. Wir besichtigten den Dom mit Krypta und liessen uns in einer Führung durch die Ausstellung im Historischen Museum die Geschichte der Habsburger erklären.

Beginnend mit der Wahl von Rudolf I. zum König wird die Geschichte der Habsburger im europäischen Mittelalter erzählt. Sie zeigt, wie die Habsburger mit geschickter Diplomatie, Heiratspolitik und, wenn notwendig, auch mit Waffen das Reich stärkten, aber auch die eigne Hausmacht ausbauten und festigten. Und Rudolf IV. – ein Urenkel Rudolfs I. - griff sogar zum Mittel der Urkundenfälschung, um mehr Einfluss und grössere Privilegien zu erlagen.

Beginnend mit der Wahl von Rudolf I. zum König wird die Geschichte der Habsburger im europäischen Mittelalter erzählt. Sie zeigt, wie die Habsburger mit geschickter Diplomatie, Heiratspolitik und, wenn notwendig, auch mit Waffen das Reich stärkten, aber auch die eigne Hausmacht ausbauten und festigten. Und Rudolf IV. – ein Urenkel Rudolfs I. - griff sogar zum Mittel der Urkundenfälschung, um mehr Einfluss und grössere Privilegien zu erlagen.

Die Habsburger gehörten nicht zum Kreis der sieben Kurfürsten, dem Gremium, das die römisch-deutschen Könige und Kaiser wählte. Für die Habsburger ein Makel, den es zu auszugleichen galt. Rudolf IV. liess darum im Winter 1358/59 einen Freiheitsbrief, das Privilegium Maius, herstellen, ein Komplex aus fünf gefälschten Urkunden. Sie sollen 1058 von König Heinrich IV., 1156 von Kaiser Friedrich I. Barbarossa, 1228 von König Heinrich VII, 1245 von Kaiser Friedrich II und 1283 von König Rudolf I. ausgestellt worden sein. Der Inhalt der Urkunden war nicht durchwegs frei erfunden, sondern basierte teilweise auf die ursprünglichen Urkunden.

Dieses Prinzip zeigt sich in der Urkunde von 1156. In diesem Jahr stellte Friedrich Barbarossa einen Freiheitsbrief – das Privilegium Minus – aus, in dem er der Mark Österreich die Loslösung vom Stammherzogtum Bayern und die Umwandlung in ein selbständiges Herzogtum bestätigt. In der Fassung von Rudolf IV. werden dem Herzog von Österreich zusätzlich umfassende Rechte eingeräumt, beispielsweise: die Unteilbarkeit des Landes und das Erbrecht des Erstgeborenen, eine eigenständige Gerichtsbarkeit, das Recht Lehen hoch zu Ross im fürstlichen Ornat entgegenzunehmen sowie an Hoftagen als Pfalzerzherzog angesprochen zu werden und direkt nach den Kurfürsten an der rechten Seite des Herrschers platziert zu werden.

Das Siegel des Originaldokumentes – des Privilegiums Minus - wurde abgelöst und an das gefälschte Dokument angehängt.

In der Urkunde von 1058 wurden zwei antike Urkunden eingefügt, in denen Kaiser Nero und Kaiser Cäsar die hervorragende Sonderstellung des Ostlandes Österreich bestätigten. Den Fälschern fiel nicht auf, dass der Titel Kaiser erst nach dem Tod Cäsars eingeführt wurde.

Das Ziel von Rudolf IV. war die Anerkennung der Rechte und Privilegien durch Kaiser Karl IV. Er liess darum die einzelnen Urkunden in einer Abschrift zusammenfassen und ergänzte die Abschrift mit vier weiteren echten Urkunden. Diesen Fälschungskomplex legte er dem päpstlichen Legaten, Bischof Ägidius von Vicenza, den Diözesanbischof Gottfried von Passau, den Notaren Lamprecht von Brunn und Abt Eberhard von Reichenau zur Prüfung vor. Am 11. Juli 1360 bestätigten die vier Würdenträger die Echtheit der Dokumente.

Rudolf IV. legte nun diesen Urkundenkomplex Kaiser Karl IV. zur Anerkennung vor. Trotz der Bestätigung durch die vier Würdenträger und obwohl die Urkunden handwerkliche Meisterstücke waren, erregte der Inhalt der Urkunden das Misstrauen des Kaisers. Er liess die in der Urkunde von 1058 eingefügten antiken Urkunden durch den Humanisten Petrarca überprüfen. Dieser kam zu einem vernichtenden Urteil. Trotzdem wurden alle in den Urkunden aufgeführten Privilegien einzeln geprüft. Die fraglosen Sachverhalte anerkannte Karl IV., andere wurden teilweise anerkannt und der überwiegende Teil bedingungslos verworfen, so zum Beispiel das Recht Lehen hoch zu Ross zu empfangen.

Trotzdem liess Karl IV. zu, dass die Habsburger die Vorrechte im eigenen Land durchsetzten. Und die Habsburger hielten am Privilegium Maius fest. Im Jahr 1453 wurde es durch Kaiser Friedrich III. – ein Kaiser aus dem Haus Habsburg – offiziell bestätigt und die Privilegien galten nun für die Geschicke des Hauses Habsburg. Der Titel des Erzherzogs – eine Erfindung im Privilegium Maius – hat sich sogar bis heute erhalten.



Quellen:

Ausstellung «Die Habsburger im Mittelalter» Sonderausstellung im Historischen Museum Speyer vom 16. Oktober 2022 bis 16. April 2023.

Eva Schlotheuber (2007) in Peter Schmid und Heinrich Wanderwitz (Hrsg.), Die Geburt Österreichs, 850 Jahre Privilegium minus, Das Privilegium maius – ein habsburgische Fälschung im Ringen um Rang und Einfluss.

 
 
 

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